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Gedanken zur Ethik der Falknerei |
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Der Falkner unterliegt bei der Ausübung der Beizjagd uneingeschränkt denselben anerkannten Grundregeln der deutschen Weidgerechtigkeit wie der Jäger mit der Waffe. Darüber hinaus kennt die Falknerei aber auch eigene ethische Grundsätze, die sich aus der Zusammenarbeit mit dem Geschöpf Greifvogel ergeben.
Bei allem falknerischen Handeln hat das Wohlergehen des Greifvogels im Mittelpunkt zu stehen! Dies gilt uneingeschränkt bei allen falknerischen Tätigkeiten! Es liegt im ureigensten Interesse des Falkners, seinen Greifvogel gesund und in optimalem Körper-, Ernährungs- und Pflegezustand zu halten. Alle falknerischen Handlungen, die diesem kardinalen Grundsatz entgegenstehen, zum Beispiel Hungernlassen, Überfordern auf der Jagd oder schlechtes Beizvogelmanagement, sind nicht vereinbar mit der Ethik der Falknerei!
Demut vor der Kreatur ist eine der obersten Maximen der Falknerei; Demut vor dem Beizvogel ebenso wie vor dem zu beizenden Wild. Falknerei ist kein Sport, kein Vergleichswettkampf, bei dem man Spaß empfindet. Deshalb vereinbaren sich Skytrails nicht nur nicht mit dem deutschen Tierschutzgesetz, sondern auch nicht mit der Ethik der (deutschen) Falknerei! Der Falkner empfindet Befriedigung bei der Ausübung seiner Passion, die er ruhig und unauffällig in der Natur ausführt. Falknerei hat viel mit Stille und der Suche nach Harmonie und innerer Vollkommenheit zu tun. Falknerei sucht nicht nach Öffentlichkeit, auch wenn sie nichts zu verbergen hat.
Ziel einer jeden Beizjagd ist das harmonische Zusammenspiel zwischen Beizvogel, Falkner (und Vogelhund). Bei der Ausübung der Beizjagd versucht der Falkner Teil des natürlichen Jagdverhaltens des Greifvogels zu werden. Dabei stören laute Rufe ebenso wie Wutausbrüche oder Jubelschreie. Die Natur kennt keine Freude bei der Jagd, wohl aber kennt sie Genugtuung. Ebenso kennt die Natur keine Wutausbrüche, dafür aber Enttäuschung und Demut. Insofern als der Falkner teil der Natur sein möchte, sollte er sich dieser Grundsätze der Natur stets bewußt sein.
Jeder Falkner trägt mit seinem Auftreten im Revier oder in der Öffentlichkeit ein Stück Verantwortung für die Falknerei als solche. Eigeninteressen und Egoismen haben hinter dem Wohl der Gemeinschaft zurückzustehen. Dies gilt bei der Einhaltung von Jagd- und Schonzeiten ebenso wie beim Verzicht auf Zucht und Haltung von Greifvogelhybriden. Nur mit dem unbedingten und ureigenen Willen, der Natur keinen Schaden zuzufügen, kann die Falknerei in einer sich immer mehr von der Natur entfremdenden Gesellschaft überzeugen und damit überleben. In die Natur entflogene (oder illegal der Natur zugeführte) Hybriden sind für das Bestreben, die Falknerei für zukünftige Generationen zu erhalten, ein großes Hindernis! Verantwortungsbewußte Falkner verzichten deshalb auf Zucht und Haltung von Greifvogelhybriden!
„Der Natur keinen Schaden zuzufügen" bezieht sich auch auf das Beizvogelmanagement. Die moderne Falknerei hat nichts mehr mit Hungernlassen oder Willensbrechung eines Greifvogels zu tun! Ebenso unentschuldbar ist das Überfordern des Beizvogels auf der Jagd. Die deutsche Falknerei beschränkt sich seit den frühen Tagen ihrer Wiederbegründung in den 1920er Jahren auf vier Stück Beute pro Tag und Vogel. Es gibt keinen (!) vernünftigen Grund, diese Vorgabe zu überschreiten oder kurzfristig außer Kraft zu setzen – nicht in Hessen, nicht in Nordrhein-Westfalen und auch nicht auf Norderney! Dort, wo Kaninchen oder Krähen im Rahmen der Schadensabwehr in großen Stückzahlen bejagt werden müssen, mögen viele Beizvögel zum Einsatz kommen. Jeder einzelne aber sollte nicht mehr als maximal vier Stück Wild pro Tag zur Strecke bringen! Jedes Stück Beute mehr zeugt von mangelnder Demut vor der Kreatur und ist damit eine Mißachtung einer der obersten Maximen der Falknerei. Erfolgreiche Beizjagd zeichnet sich nicht (!) durch hohe Streckenzahlen aus! Im Gegenteil: Der gute Falkner kann der Verlockung widerstehen, weiß er doch, daß er damit den Stil seiner Falknerei bei zukünftigen Jagden verbessert!
„Wir jagen nicht der Beute wegen, sondern des Schönen willen bei der Jagd“. Dieser hehre Ausspruch der Gründerväter der modernen Falknerei sollte allerdings auch nicht dahingehend fehlinterpretiert werden, daß Falknerei ganz ohne Beute auskommt. Das kommt sie nicht! Kaiser Friedrich II., auf den sich die Altvorderen mit ihrem Ausspruch irrtümlich beriefen, meinte es anders: Nicht im Beutemachen sollte der gute Falkner seine Erfüllung suchen, sondern im Abtragen eines Falken, der stilvoll Beute macht. Diesem Dogma sollte sich noch heute jeder Falkner verpflichtet fühlen.
Weil sie das Beizvogelmanagement unabhängiger von Nahrung- und Gewichtsregulierung macht, ist der Einsatz der Telemetrie heute bei jedem frei geflogenen Greifvogel – nicht nur bei Hybriden – zu fordern. Es gibt keinen (!) vernünftigen Grund, auf den Einsatz der Telemetrie bei frei fliegenden Greifvögeln zu verzichten; auch nicht bei einem Harris Hawk. Vielmehr sprechen viele Gründe dafür, nicht zuletzt der Schutz des Beizvogels, wenn er sich zum Beispiel bei der Jagd verletzt und schnellstmöglich gefunden werden muß.
Anders als der Jäger bejagt der Falkner zumeist mehrere Reviere. Es ist Teil der Ethik der Falknerei, daß man dabei nicht in Revieren beizt, die von einem anderen Falkner bereits bejagt werden. Kameradschaft geht vor Eigeninteresse.
Voraussetzung für Falknerei ist die Greifvogelhaltung. Jedoch nicht jeder in Menschenhand gehaltene Greifvogel wird auch falknerisch trainiert und geflogen. An sich aber sollte jede Greifvogelhaltung nur der Falknerei dienen, sei es zur Beizjagd oder zur Zucht.
Falkner haben sich bereits lange vor den entsprechenden gesetzlichen Regelungen aus innerer Überzeugung für eine zahlenmäßige Beschränkung von zwei Greifvögeln pro Greifvogelhaltung ausgesprochen. Dies sollte heute gleichermaßen für heimische wie für nicht heimische Arten gelten, denn es gibt keinen vernünftigen Grund, warum man nur zwei Wanderfalken, aber zehn Ger- oder Sakerfalken halten sollte.
Über die vergangenen Jahrzehnte haben sich die deutschen Falknerverbände erfolgreich für den Erhalt der Falknerei in Deutschland eingesetzt. Mit Weitsicht und zuweilen gegen Widerstand in den eigenen Reihen wurden Entscheidungen herbeigeführt, die dem Wohl der Falknerei dienten, u.a. beim Verzicht auf Aushorstungen, bei der Einführung der Falknerprüfung, der zahlenmäßigen Beschränkung des Greifvogelbestandes, bei der Wanderfalken-Auswilderung, beim Greifvogelhaltegutachten, der Kennzeichnung der Greifvögel sowie jüngst beim Eintreten für ein Hybridzuchtverbot. Die führenden Funktionäre über die Jahrzehnte waren unabhängig und entschieden aus Überzeugung zum Wohl und für eine bessere Zukunft der Falknerei. Kaum auszudenken, wenn ein führender Falknereifunktionär in der Vergangenheit Hybridzüchter, Greifvogelhändler oder Falkenhofbetreiber gewesen wäre. Niemand ist es zu verdenken, daß er sein Eigeninteresse, vielleicht seine Lebensgrundlage, auch in der Verbandsarbeit verteidigt, die Verbandsarbeit vielleicht sogar – wenn sich die Möglichkeit bietet – danach ausrichtet. Aber kann das zum Wohl der Falknerei sein? Es kann, aber es muß nicht! Und deshalb sollten die Verbände frei bleiben von kommerziellem Einfluß und unabhängig in ihrer Entscheidung. Mandatsträger der Falknerverbände sollten kein kommerzielles Interesse an der Falknerei haben! Nur so wird die Falknerei auch in Zukunft in der heute gewohnten Weise respektiert und anerkannt bleiben. |
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Autor: Peter N. Klüh |
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Datum der Veröffentlichung: 17. Februar 2006 |
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Letztes Update - 23.05.2018 |
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