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Unfälle werden während der Beize meist direkt beobachtet. Manchmal verstößt sich der Vogel und der Verbleib ist ungewiss. Findet man das Tier dann schweratmig mit geöffnetem Schnabel, gesträubtem Gefieder, herabhängenden Schwingen und geschlossenen Augenliedern, so spricht dies für ein Trauma. Schockanzeichen sind kalte Ständer, blasse Schleimhäute, Zittern, Bewusstlosigkeit und ein zielloses Starren des Vogels. Grundsätzlich gilt hier, wie bei allen Notfallsituationen, die Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu geraten. Erst ist die Situation zu prüfen um dann überlegt zu handeln. Hierzu gehört auch auf die eigene Sicherheit zu achten und nicht z.B. kopflos auf eine Autobahn zu laufen um einen angefahrenen Vogel aufzulesen. Der nächste Schritt ist die Überprüfung der Körperfunktionen des Tieres. Wichtigster Parameter ist die Beurteilung der Schleimhäute im Schnabel die rosa sein sollten. Die Atmung muß ruhig sein. Der Tod eines Tieres wird dagegen durch blasse Schleimhäute, Ausfall der Reflexe (vor allem Lid- und Hornhautreflex), Stillstand der Atmung und des Herzens gekennzeichnet. Die Totenstarre tritt nach 2-12 Stunden ein. Als Gedankestütze für Notfallmaßnahmen kann man sich folgendes merken:
A, B, C.
Erstens Atmung kontrollieren, zweitens Blut (Kreislaufkontrolle und auf Blutungen achten) und drittens das Z(C)entrale Nervensystem (Ansprechbarkeit) beurteilen.
Befindet sich ein Vogel im Schock, so sollte dieser warm und dunkel gehalten werden. Manipulationen am Vogel sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das Tier ist in Brustlage zu bringen (Vorsicht bei Verletzungen) und möglichst durch Ansprechen bei Bewusstsein zu halten. Sind stärkere Blutungen zu erkennen so sollten diese abgebunden werden. Die Blutzufuhrunterbrechung sollte maximal 30 min betragen. Hiernach ist das Abbinden kurz zu unterbrechen um es dann erneut, sofern nötig, anzulegen. Wichtig ist die Kontrolle der Atmung. Insbesondere der Inspektion der Schnabelhöhle kommt große Bedeutung zu, um sicherzustellen, dass nicht Blutreste, Schleim oder Verunreinigungen die Atmung blockieren. Für den Transport des Tieres eignet sich ein weiches Tuch. | |
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Folgende weitere Maßnahmen sind anzuraten bei:
Bewusstlosigkeit: Brustlage, Schnabel tiefer lagern um ein Ersticken im Falle von Erbrechen zu verhindern, Schnabelhöhle kontrollieren und möglichen Fremdinhalt entfernen und den Vogel warm halten.
Atemstillstand: Gleiche Maßnahmen wie bei Bewusstlosigkeit und zusätzlich sollte der Vogel alle 2 sec über die Nasenlöcher beatmet werden (Abb. 1). Hierbei wendet man eine Mund zu Nasenloch Technik an. Der Schnabel des Tieres wird geschlossen und mit dem Mund umschließt man die Nasenlöcher. Nun bläst man Luft durch die Nasenlöcher in den Vogel. Bei erfolgreicher Beatmung hebt sich der Brustkorb des Tieres.
Herzstillstand: Hierbei ist der Vogel in Rückenlage zu legen. Auch hier den Schnabel tiefer lagern und auf freie Atemwege achten. Anschließend beginnt man mit einer Herzmassage. Hierbei legt man den Finger tief in den Brusteingang (dieser Griff dient auch zur Überprüfung der Herzfunktion) und versucht rhythmisch Druck auf das Herz auszuüben (Abb. 2). Zudem ist es möglich, bei fixiertem Körper des Tieres, parallele ruderartige Bewegungen mit beiden Flügeln durchzuführen. Eine weitere Alternative ist die rythmische Druckausübung auf den Brustkorb mit der flachen Hand. Alle Maßnahmen sollten von einer Beatmung alle 2 sec über die Nasenlöcher begleitet werden.
Verletzungen sind bei Unfällen häufig. Diese findet man oft im Bereich des Kopfes. Es zeigen sich Blutungen im Gehörgang, am Auge oder auf der Wachshaut. Innere Verletzungen sind häufig durch eine erschwerte Atmung, Husten, blasse Schleimhäute oder auch Hautblasenbildung gekennzeichnet. Gliedmaßenblutungen können, wie bereits erwähnt abgebunden werden. Wunden sollten freigeschnitten und desinfiziert werden. Hierbei gilt vermehrtes Spülen als beste Möglichkeit der Wundreinigung. Angelegte Druckverbände verhindern eine Wundverschmutzung und stillen die Blutung. Im Brustbereich sollten Druckverbände unterbleiben da diese die Atmung behindern können.
Bei Unfällen sind Knochenbrüche häufig. Instabile Gliedmaßen oder die fehlende Belastung von Extremitäten deuten darauf hin. Stellt man Knochenbrüche fest, so sind diese grob zu stabilisieren. Dies beugt weiteren Splitterbrüchen, sowie einer Hautverletzung durch Knochensplitter vor. Oft sind Brüche beim Vogel bereits offen (Haut verletzt). Vor der Stabilisierung sollte deswegen eine Wundreinigung erfolgen. Verbände sind das geeignetste Mittel der Stabilisierung, aber eine zufriedenstellende Knochenheilung kann hiermit nicht erreicht werden. Verbände dienen daher nur dem Transport zum Tierarzt damit dieser eine geeignete Operation zur Bruchversorgung durchführt.
Wunden entstehen auch als Folge von Rangeleien zwischen zwei Greifen oder resultieren aus Katzenbissen. Oft sind diese Wunden nicht zu erkennen oder nur sehr klein und werden nicht ernst genommen. Es handelt sich hierbei jedoch um einen Notfall, da häufig Blutvergiftungen hieraus resultieren. Auch wenn der Vogel zunächst gesund erscheint ist ein Tierarztbesuch nach einem solchen Ereignis unumgänglich.
Treten bei einem Vogel Krämpfe auf, so sollte versucht werden den Vogel ansprechbar zu halten. In jedem Fall sind Dauer und Häufigkeit sowie betroffene Körperteile der Krämpfe zu notieren. Dies gibt dem Tierarzt später wichtige Hinweise zur Ursache und Behandlung. Man sollte unbedingt darauf achten, dass der Vogel sich während eines Krampfes nicht selber greift und man selber nicht gegriffen wird (Eigenschutz). Als Vorsichtsmaßnahme kann man Korken in die Fänge des Vogels legen.
Bei Erstickungsanfällen des Tieres ist unbedingt die Schnabelhöhle zu kontrollieren, der Kopf nach unten zu halten und jegliche Belastung vom Brustkorb zu nehmen. Es kann dann versucht werden den Vogel zu beatmen.
Nicht nur im Sommer, sondern auch bei Sonnenwetter im Frühjahr und Herbst können Hitzschläge auftreten. Dies vor allem dann wenn einer von mehren Beizvögeln während der Beize im Auto verbleibt und dieses sich aufheizt. Wichtig ist in einem solchen Fall den Vogel mit kaltem Wasser zu besprühen und in kühler Umgebung zu halten. Man sollte zusätzlich die Luftzirkulation erhöhen (Verdunstungskälte) und das Tier mit den Ständern ins kalte Wasser stellen.
Sollten Vergiftungen auftreten so sind selbständige Maßnahmen nur von Vorteil wenn das gefressene Gift bekannt ist und die Aufnahme sofort bemerkt wird. Ein in den Schnabel eingespanntes Gummiband kann den Vogel zum Erbrechen veranlassen. Lauwarmes Salzwasser als Brechmittel zu verwenden ist ein hohes Risiko da es zu Nierenschäden führen kann. Je nach Gift (ätzende Stoffe), kann das Erbrechen auch von Nachteil sein. Es ist grundsätzlich besser bei Vergiftungen keine eigenen Maßnahmen zu ergreifen da der Weg zu einem Tierarzt meist nicht weit ist.
Es bleibt jedoch klarzustellen, dass alle Maßnahmen sich nur auf die Erste Hilfe beziehen und keine vollständige Behandlung des Tieres bedeuten. IMMER ist ein Tierarzt aufzusuchen der eine gründliche und fachgerechte Versorgung des Beizvogels durchführt, welches der Falkner nicht leisten kann. Auch kleine Verletzungen oder scheinbar harmlose Unfälle sollten nicht unterschätzt werden und sind immer einem Tierarzt vorzustellen um Spätfolgen zu vermeiden.
Zum Schluss noch ein paar Tipps für die Erste-Hilfe-Ausrüstung die bei einer Beizjagd immer mitgeführt werden sollte. Einmalhandschuhe, Korken, Plastikspritzen und Pinzette (Wundreinigung und Spülung), Steriles Wasser oder Infusionslösung zur Wundspülung, Wasser zur Kühlung, Wund- und Augensalbe, Wunddesinfektionsmittel, Verbandsschere, Verbandsmaterial (Sterile Wundgaze, Mullbinde, Klebebinde), kleine Taschenlampe (zur Kontrolle der Schnabelhöhle und der Schleimhäute), Cold Pack.
Dr. med. vet. Michael Lierz
Fachtierarzt für Geflügel und Ziervögel
ZB -Artenschutz-
Institut für Geflügelkrankheiten
FU Berlin
Koserstrasse 21
14195 Berlin
E-Mail: lierz@zedat.fu-berlin.de
Tel: 030 - 83 85 38 82
Tel: 030 - 83 85 38 62
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Datum der Veröffentlichung: 3. April 2002 |
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