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Wir wollen mit unseren Ausführungen weder ein allgemeingültiges Rezept (eine Erfolgsformel) ausgeben, noch unsere Ansichten als die einzig richtigen verstanden wissen. Im Gegenteil! Falknerei, wie wir sie verstehen und betreiben, ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen reproduzierbar, die in einem früheren Artikel (Quo vadis Falknerei? Oder "Welcher Beizvogel soll es sein?") umrissen wurden. Wir wissen, daß viele unserer Leser nicht alle Voraussetzungen werden erbringen und unsere Art des Beizjagens daher nicht werden kopieren können. Gleichwohl denken wir, daß unsere Ansichten, Gedanken und Erfahrungen zum Abtragen, Einjagen und der Jagd selbst für sich genommen wertvolle Hilfen für den Anfänger und nützliche Anregungen für den fortgeschrittenen Beizjäger darstellen.
Wenn wir an dieser Stelle mit unseren Ausführungen über die moderne Falknerpraxis beginnen, wissen wir nicht, wohin uns der Weg im Detail führen wird. Der nachstehende Bericht ist nur ein Anfang, weitere Berichte werden in unregelmäßigen Abständen folgen. Wir haben uns kein Konzept zurecht gelegt, sondern werden Dinge oder Probleme ansprechen, wann immer sie uns im Zusammenhang sinnvoll erscheinen. Gleichwohl sind wir gewillt, zunächst der Chronologie des Abtragens und Einjagens zu folgen, sind es doch diese vier bis sechs (ersten) Wochen, die über die spätere Eignung eines Beizvogels im Revier entscheiden.
Unser Ziel ist es, dem Anfänger einen zufriedenstellenden Überblick über das Wesen der modernen praktischen Falknerei zu vermitteln, von der Auswahl des Beizvogels bis hin zu Jagdstrategien im Revier, häufige und grundlegende Fehler beim Abtragen und Einjagen eines Beizvogels anzusprechen sowie dem erfahreneren Praktiker kleine Hilfen und Denkanstöße zu geben. Das Gedankengut, das zur Sprache kommen wird, ist nicht immer neu, in seiner Konsequenz aber bisher so nicht beschrieben. Einiges verträgt sich (scheinbar) nicht mit der "klassischen" Abtragetechnik und mag deshalb für manchen befremdlich klingen. Der Erfolg in der Praxis spricht jedoch für sich. Alles Beschriebene beruht auf eigenen Erfahrungen. | |
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Der weiße Gerfalke - kein Vogel für den Anfänger. |
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Wir verzichten bewußt auf wissenschaftliche Terminologie und wollen moderne Erkenntnisse der Verhaltensbiologie nur dann als Hintergrundinformation beifügen, wenn es uns zum Verständnis unbedingt notwendig erscheint. Wer in diesem Punkt weiterführende Informationen sucht, sei auf den Artikel von Peter N. Klüh "Kondition und Motivation" (Greifvögel und Falknerei, 1994, 73-93) verwiesen.
Falknerei ist Jagd
Falknerei ist Jagd! Dieses zentrale Dogma falknerischen Handelns bestimmt im weiteren alle unsere Ausführungen. Wir stellen uns einen Greifvogel nur deshalb auf, weil wir mit ihm jagen wollen. Könnten wir nicht jagen, aus welchen Gründen auch immer, hätten wir keinen Greifvogel! Wir tragen ihn so ab, wie wir es beschreiben werden, weil wir eben nur mit ihm jagen wollen und nichts anderes. All unser Tun ist auf das Jagen-wollen mit dem Greifvogel abgestimmt, und dafür bedarf es gewisser Voraussetzungen.
Wir haben an anderer Stelle bereits ausgeführt, daß praktische Falknerei ohne Jagdmöglichkeiten und ausreichendes Wildvorkommen prinzipiell keinen Sinn macht. Auch der erfahrenste Falkner kann einen Greifvogel ohne tatsächliche Beuteflüge nicht zu einem erfolgreichen Beizvogel abtragen. Stimmt diese Voraussetzung nicht, hilft auch die größte Erfahrung kaum weiter. Ist dagegen ausreichend Wild vorhanden, gilt: Ein Beizvogel lernt am Erfolg. Je mehr Jagdflüge er geboten bekommt, desto besser wird er werden. Auch dazu bedarf es einer entscheidenden Voraussetzung: regelmäßig viel Zeit. Hektik, Ungeduld und Zeitnot sind die Totengräber einer erfolgreichen Falknerei. Der stets erfolgreiche Falkner hat also: gute Reviere, ausreichend Wild und viel Zeit. Ist er ein obligater Flugwildjäger, egal ob mit Falke oder Habicht, führt er zudem einen guten Vorstehhund. Dies ist jedoch noch nicht alles: Erfolgreiche Falknerpraxis verlangt zudem ein hohes Maß an Selbstdisziplin und mentalen Fähigkeiten vom Falkner. Je besser sich der Falkner selbst kennt und disziplinieren kann, desto erfolgreicher wird er mit einem Greifvogel umgehen können. Nur wer sich selbst konsequent und diszipliniert an gewisse Regeln und Vorgaben hält, kann dasselbe von seinem Jagdgefährten "Beizvogel" erwarten. Konsequentes Verhalten von Seiten des Falkners ist tatsächlich der Schlüssel zum erfolgreichen Beizjagen mit einem Greifvogel.
Vor der Auswahl des Beizvogels
Wie in "Quo vadis Falknerei?" gesagt, beginnt die erfolgreiche Falknerpraxis nicht erst im Revier, sondern bereits im Vorfeld, bevor der erste (oder der neue) Vogel im eigenen Garten überhaupt zu stehen kommt. Meist werden hier schon entscheidende Fehler gemacht. Über die Auswahl des Vogels sollte nicht der Geschmack oder die Vorliebe des Falkners entscheiden, sondern seine Jagdmöglichkeiten, die aktuellen Wildverhältnisse und die Zeit, die er für die Falknerei täglich zur Verfügung hat. Für den Anfänger gilt dies gleichermaßen, wie für den erfahrenen Praktiker. Einige Beispiele: Bevor die (falsche) Entscheidung zur Anschaffung eines Sakerfalken für die Krähenbeize (oder die richtige für einen Wanderfalken) getroffen wird, müssen im Jahresverlauf ausreichend Reviere organisiert worden sein. Auch sollte man sich bereits im Vorjahr über die Verteilung der Jungkrähenschwärme informiert haben, denn diese spielen beim Einjagen des Krähenfalken im Spätsommer eine fundamental wichtige Rolle. Ist dies nicht geschehen, sollte man seine Ambitionen ins nächste Jahr verschieben. Oder: Was nützt das schönste Fasanenrevier, wenn man für den neuerworbenen Wanderfalken keinen bereits laufenden Vorstehhund hat? Es nützt überhaupt nichts! Vielmehr sollte man in diesem Jahr auf einen Falken verzichten und seine Zeit besser in die Ausbildung eines jungen Hundes investieren. Die Investition wird sich in den nächsten Jahren mit Zins und Zinseszins auszahlen. Gute Anwartefalknerei steht und fällt mit der Hundearbeit, die Erfolge von Prof. Dr. Christian Saar sind dafür belegende Beispiele. Oder: Sie haben ausschließlich Jagdgelegenheit in stadtnahen Gegenden. Hier macht es wenig Sinn, einen Wildfanghabicht abzutragen. Sind die bejagbaren Flächen zudem eng und dicht bepflanzt, kann die Auswahl eines Terzels von Vorteil sein. Auf den Punkt gebracht: Noch bevor der erste oder der neue Beizvogel in der Zuchtkammer aus dem Ei geschlüpft ist, sollten idealerweise die Vorbereitungen am äußeren Umfeld der bevorstehenden Saison abgeschlossen sein. Es bleiben noch genügend Variablen und Eventualitäten bestehen, die einem zum gegebenen Zeitpunkt das Leben mit dem abzutragenden Vogel schwer genug machen werden. (Gesagtes gilt natürlich auch für jeden Vogel in der Mauser. Auch hier sollten alle Vorbereitungen getroffen sein, bevor der Vogel aus der Kammer genommen wird). |
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Datum der Veröffentlichung: 29. November 2001 |
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