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Der Habicht - und hier das Weib - gilt seit jeher als der ideale Anfängervogel. Auf den ersten Blick mag dies widersprüchlich erscheinen, weiß man doch landauf, landab um sein nervöses und streßanfälliges Verhalten. Und tatsächlich ist das Beizvogelmanagement beim Habicht - mal abgesehen von Sperber und Steinadler - das schwierigste von allen Beizvögeln. Zugegeben, eine für den Anfänger nicht eben ermutigende Aussicht. Und doch: kein anderer Vogel verzeiht Fehler beim Abtragen, Einjagen und der Jagd selbst besser als der Habicht. Und hat man den Vogel erst einmal am Jagen, gibt es keine andere Beizvogelart, die so leicht, so schnell und so kompromißlos Beute macht, wie eben dieser. Das Erlernen von Jagdabläufen und Jagdstrategien, will sagen das Erlernen des Beizjagens, ist für den Anfänger mit dem Habicht mit Abstand am einfachsten zu erreichen. Und da - wie gesagt - das Beizjagen und nicht die Greifvogelhaltung für den Falkner im Vordergrund stehen sollte, ist der Habicht aus unserer Sicht noch immer der geeignetste Anfängervogel. Warum also in die Ferne [= Harris] schweifen, wenn das Gute [= Habicht] ist so nah? Ob Weib oder Terzel spielt beim Habicht keine große Rolle, wenngleich das Weib auf das Hauptbeizwild Kaninchen gewisse Größenvorteile hat, was dem Anfänger beim Einjagen zugute kommt. Indes die landläufige Meinung, wonach nur wenige Terzel wirklich gute Kaninchenfänger werden, ist völlig haltlos. Beim Habicht von wesentlicherer Bedeutung ist die Auswahl des Vogels nach der Art der Aufzucht, ob früher oder später Nestling, ob geprägt oder vom Altvogel, ob abgeschlossen oder mit Menschenkontakt aufgezogen, ob Nestling oder Wildfang. Je nachdem ergeben sich zum Teil erhebliche Verhaltensunterschiede, die das Beizvogelmanagement ganz wesentlich beeinflussen [Dazu später noch mehr]. | |
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Der Wanderfalke - nicht unbedingt geeignet für Anfänger (links). Im Adoptionswildflug - trotz vollem Kropf auf dem Federspiel die "Horstgeschwister" stets fest im Blick (rechts). |
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Ganz gleich für welchen Vogel er sich entscheidet, über eines sollte sich der Anfänger stets im Klaren sein: Nur in den seltensten Fällen wird der erste Vogel ein Rekordvogel werden (wenn überhaupt, wird man dies am ehesten mit einem Habicht erreichen). Mangelnde Erfahrung im Umgang mit dem Greifvogel, Fehler beim Abtragen und Einjagen sowie fehlende Voraussetzungen im Umfeld des Beizbetriebes sind die wesentlichen Gründe dafür. Anders als das geltende deutsche Falknereirecht trägt die Gesetzgebung z.B. in den USA oder in Südafrika diesem Umstand Rechnung. Kann hierzulande jeder frisch examinierte Falkner mit einem Steinadler sein Jagdglück versuchen oder eine Aushorstgenehmigung für einen Habicht gemäß § 22 (4) BJG stellen, schreibt die Legislative in den USA und in Südafrika ein Drei-Stufensystem vor. Beispiel USA: Hier muß der Anfänger zunächst über zwei Jahre unter Anleitung eines "Meister"-Falkners seine falknerische Qualifikation mit einem Turmfalken oder Rotschwanzbussard nachweisen. In den folgenden fünf Jahre darf er zwei Vögel besitzen, jedoch keinen einer besonders geschützen Art (z.B. Wander- oder Gerfalke) und keinen Steinadler. Erst danach, also nach vollen sieben Jahren, erhält er das Meisterdiplom, welches ihm erlaubt, drei Greifvögel jeglicher Art zu halten, auch Wander- und Gerfalke, und mit Ausnahmegenehmigung auch den Steinadler. Es wäre zu überlegen, ob nicht auch hierzulande eine vergleichbare, der falknerischen Realität angepaßtere Gesetzgebung angestrebt werden sollte. Dessen ungeachtet denken wir, daß die zahlenmäßige Beschränkung auf zwei Beizvögel, die ein Falkner zu Jagdzwecken halten darf, bestehen bleiben sollte.
In diesem Zusammenhang sei noch betont, daß wir jedem Anfänger nachdrücklich raten, sich v o r dem Aufstellen eines eigenen Beizvogels, ja besser schon vor dem Ablegen der Falknerprüfung, einem praktischen Falkner in der näheren Umgebung anzuschließen und bei diesem das Falknerhandwerk durch Zuschauen, Mitgehen und Mitmachen zu erlernen. Es ist so viel einfacher, die Falknerprüfung zu bestehen, wenn man das gesamte Beizvogelmanagement aus der Praxis her kennt, als nur aus Büchern oder Fragen- und Antwortkatalogen; und es ist so viel einfacher (und erfolgreicher), unter Anleitung den ersten Beizvogel abzutragen, als im stillen Kämmerlein, hinter verschlossenen Türen, die immer gleichen Fehler und Frustrationen der altvorderen Falknergenerationen zu wiederholen bzw. noch einmal zu durchleben. N.B.: Noch selten ist ein Meister vom Himmel gefallen; schon gar nicht in der Falknerei!
Doch zurück zur Falknerpraxis: Sind alle Voraussetzungen geschaffen, Prüfungen bestanden, Haltungseinrichtungen gebaut [dazu später noch mehr], Reviere besorgt etc., kann der Vogel eigentlich kommen. Im weiteren ist zwischen Vögeln, die in Wildflug gestellt werden und solchen, bei denen es nicht geschieht, zu unterscheiden. Es sei angemerkt, daß sich Wildflug für jeden Beizvogel lohnt - auch für Habichtartige. Bei Falken ist er jedoch von größerer Bedeutung. Wildflug von mehreren Vögeln ist dabei dem des Einzelvogels vorzuziehen - nicht nur im Hinblick auf das Flugvermögen, auch was die Ausbildung des Sozialverhaltens angeht. Bei Habichten ist dahingehend zu differenzieren, daß manche Vögel im einfachen Wildflug wildfangähnliches Verhalten annehmen, was später beim Abtragen und Einjagen störend sein kann. Gleichwohl die Erfahrungswerte noch gering sind, scheint der Adoptionswildflug des bereits abgetragenen Beizhabichts eine gute Alternative zu sein. Hierbei wird ein früh geschlüpfter, nicht fehlgeprägter Habicht sehr schnell (binnen 14 Tage) abgetragen und optimalerweise auch schon eingejagt und dann ins Horstfeld einer gerade ausgeflogenen, wilden Habichtsbrut verbracht - die dazu natürlich im Vorfeld gesucht und bestätigt sein muß. Dort verbleibt er in kontrolliertem Wildflug, bei täglichen Appellübungen, über die gesamte Dauer des Bettelflugs der wilden Jungvögel bzw. bis er das Horstfeld verläßt [Mehr zu Methodik und Voraussetzungen später]. Nebenbei bemerkt: Ganz gleich für welche Art Wildflug man sich entscheidet, die Erlaubnis des zuständigen Jagdausübungsberechtigten sollte vorliegen.
Entscheidet man sich gegen Wildflug, ist es ratsam, entgegen der landläufigen Meinung, den Vogel nicht gleich nach dem Trockenschieben zu konditionieren. Vielmehr hat es sich als vorteilhaft erwiesen, den Vogel sich noch einige Wochen - am besten freistehend in einer Mauserkammer - entwickeln zu lassen. Dies gilt für Falken und Habichte gleichermaßen (daß Harris Hawks am besten für vier Monate im Familienverband bleiben, sollte sich unter den Harris Hawkern mittlerweile herumgesprochen haben). Diese Methode trägt den natürlichen Reifeprozessen während der Bettelflugperiode der Jungen Rechnung und führt später zu einem wesensfesteren Beizvogel. Die ideale Vorgehensweise beim Habicht ist die folgende: Den Vogel mit 3 bis 4 Wochen vom Züchter abholen und in einem Kunsthorst in der Mauserkammer aufziehen. So an die Umgebung gewöhnt, kann der Vogel bis zum Alter von etwa 12 Wochen freistehend in der Kammer verbleiben [über die genaue Vorgehensweise, auch Anforderungen an die Kammer, später mehr]. Da es hierzu viel Erfahrung bedarf, insbesondere um den Vogel nicht fehlzuprägen und zum Lahner zu erziehen, können wir diese Methode guten Gewissens nur dem erfahrenen Falkner empfehlen. Der Anfänger sollte es zunächst mit einem fast ausgefiederten oder tatsächlich trockenen Vogel versuchen, denn es macht in jedem Fall Sinn, den Vogel sich noch etwas entwicklen zu lassen. Jedoch muß einschränkend gesagt werden, daß es insbesondere bei Habichten, vogel- und altersabhängig in der Bettelflugperiode, also nach dem Ausfiedern, zu Problemen beim Einstellen in neue Mauserkammern kommen kann. Steht zu befürchten, daß sich ein Vogel durch Unruhe und Ungestümheit in einer neuen Kammer das Gefieder verbinzt, sollte besser unmittelbar mit dem Abtragen begonnen werden.
Hat man den Vogel von einem guten, die Jungvögel nach neuesten Erkenntnissen aufziehenden Züchter übernommen [auch hierzu später mehr], wird man einen, dem Menschen gegenüber gleichgültigen, kaum ängstlichen und auch nicht fehlgeprägten Vogel erhalten. Wurde er rücksichtsvoll gefangen, behandelt und transportiert, hat man einen Rohdiamanten von bester Qualität in der Kammer stehen. Im weiteren entscheidet allein der Schliff (das Abtragen) über seinen späteren Wert als Beizvogel. |
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Datum der Veröffentlichung: 4. Dezember 2001 |
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