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| | | Am 16. Oktober 2002 präsentierten die alten und neuen Regierungspartner ihren Koalitionsvertrag. Auf Seite 50 liest man u.a.: „Wir werden das Jagdrecht unter Berücksichtigung einer naturnahen Waldbewirtschaftung und unter Tierschutzaspekten novellieren.“ Daß dieser Vorstoß zur Neufassung des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) kommen würde, überraschte nicht, hatten doch bereits in der vergangenen Legislaturperiode einzelne Abgeordnete, verschiedene Naturschutz- und andere Interessenverbände vehement gefordert, besser gleich als später eine Änderung der Jagd- und Naturschutzgesetzgebung herbeizuführen. Der zunächst amtierende Landwirtschaftsminister Funke (SPD) hatte dafür kein Ohr. Das Bild wandelte sich jedoch mit dem Amtsantritt von Renate Künast (DIE GRÜNEN). Mit BSE, Maul- und Klauenseuche und Futtermittelskandalen hatte das neue Verbraucherschutzministerium dann allerdings andere, vordringlichere Aufgaben zu lösen, so daß das BJagdG unangetastet blieb.
Nun sehen Jäger und Falkner weiteren vier Jahren rot-grüner Regierungspolitik entgegen. Was haben Jagd und Falknerei in dieser Zeit zu erwarten? Die Antwort läßt sich erahnen, wenn man weiß, von wem was zu erwarten ist. Im Vorfeld der Bundestagswahl erbat sich der Deutsche Jagdschutz-Verband eine Stellungnahme zu verschiedenen jagdlichen Sachfragen (sog. Wahlprüfsteine) von allen im Bundestag vertretenen Parteien. Auf die Frage, wie sie den Fortbestand des Bundesjagdgesetztes gewährleisten wollten, antwortete die SPD: „Es bestehen keine konkreten Pläne für eine Überarbeitung des Jagdrechts“. Die GRÜNEN indes führten aus, daß sie eine Modernisierung des seit 1976 unveränderten Jagdgesetzes anstreben, „um es an die aktuellen wildbiologischen und ökologischen Erkenntnisse sowie an die neuesten tierschutzrechtlichen Normen anzupassen“. Diese beiden Aussagen vor dem Hintergrund des neuen Koalitionsvertrages gesehen, lassen klar erkennen, aus welcher Richtung der Wind weht: der Antrieb für eine Reform des deutschen Jagdrechts geht von den GRÜNEN aus.
Die GRÜNEN machen aus ihrem Herzen keine Mördergrube: „Jägerinnen und Jäger sollen einen wichtigen Beitrag zum Arten- und Naturschutz leisten. Die Jagd soll sich an ökologischen Notwendigkeiten und an den Bedürfnissen des Tierschutzes, der das Tier als Mitgeschöpf akzeptiert, orientieren. Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren und die Fallenjagd passen beispielsweise nicht mehr zu einem modernen Tierschutz“. Tatsächlich steht hinter diesen Thesen die Natur- und Tierschutzlobby, die eine fast schon verloren geglaubte zweite Chance wittert, der Jagd zu Leibe zu rücken.
Schon seit Jahren wird aus diesen Kreisen eine Reform des Jagdrechts und der Jagdpraxis mit Anpassung an das Prinzip der Nachhaltigkeit, an internationales Naturschutzrecht und die Grundsätze des Tierschutzes gefordert; Deutscher Naturschutzring (DNR) und NABU fordern dabei ausdrücklich auch ein Verbot der Beizjagd – der DNR in seinem „Vorschlag für eine Reform des Bundesjagdgesetzes“ basierend auf der Göttinger Erklärung von 1999 (§ 8 [Sachliche Verbote], Nr. 14 b: Es ist verboten, Vögel für den Jagdgebrauch abzurichten oder zum Fangen oder Töten freilebender Tiere zu verwenden); der NABU in seinem „Jagdpolitischen Grundsatzpapier“ (darin unter 4.8. – Verbot der Beizjagd: Das Halten und Abrichten von Greifvögeln sowie die Jagd mit ihnen widersprechen dem Natur- und Tierschutzgedanken. Die Beizjagd, die zudem häufig mit illegal beschafften Vögeln durchgeführt wird, kann nicht auf bestimmte jagdbare Arten beschränkt werden. Entkommene Beizvögel, insbesondere Hybride, gefährden autochtone Bestände wild lebender Arten, etwa Wanderfalke und Sakerfalke).
Jüngsten Verlautbarungen aus dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) zufolge ist es zur Zeit noch völlig offen, welche konkreten Veränderungen sich bei einer möglichen Reform des BJagdG ergeben. Die „grünen“ Reformbestrebungen werden sich jedoch eng an die Forderungskataloge der Natur- und Tierschutzverbände anlehnen und mit Blick auf die Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel im Grundgesetz erfolgen. Was das heißt, läßt sich in wenigen Worten zusammenfassen: erhebliche Kürzung der Liste der jagdbaren Arten, Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft, Abschaffung der Fallenjagd, Abschaffung der Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren, Verbot des Tötens von Hunden und Katzen im Rahmen des Jagdschutzes, Verbot der Jagd in Naturschutzgebieten und wohl auch Abschaffung der Beizjagd.
Nebem einem möglichen Verbot droht der Falknerei [und den Greifvögeln (!)] auch durch eine etwaige Herauslösung der Greifvögel aus dem Jagdrecht und Überführung ins Naturschutzrecht – wie von einigen Verbänden gefordert – Ungemach. Durch die naturschutzrechtliche Behandlung der Greifen und Falken wäre die Haltung heimischer Greifvögel, gleich den anderen heimischen Wildvögeln, generell verboten. Für eine falknerische Greifvogelhaltung bedürfte es dann einer, von der zuständigen Naturschutzbehörde für jeden Einzelfall zu erteilenden Ausnahmegenehmigung. Der Falknerjagdschein als Sachkundenachweis entfiele, da seine Gesetzesgrundlage (BJagdG und BWildSchV) aufgehoben würde. Gleiches würde für die zahlenmäßige Begrenzung auf zwei Beizvögel zutreffen. Daß ein solcher Schritt – wie überhaupt viele der angestrebten Jagdreformen – wenig vernünftig und nicht sachgerecht wäre, bedarf keines weiteren Kommentars; zumal sich auch der Schutzstatus der Greifvögel damit verschlechterte. Noch genießen die Greifvögel den effektiven Schutz des Jagdrechts (Straftatbestände Jagdwilderei, Schonzeitvergehen), während die Verstöße gegen das NatSchG bzw. BArtSchV nur Ordnungswidrigkeiten darstellen. Die Parteistrategen und Verbandsideologen, ganz gleich welcher Coleur, wird das indes wenig stören; ihre Motivation ist eine andere: Sie wollen ihrem Klientel nur endlich die lange versprochene Reform des Jagdwesens präsentieren! Reißerisch verpackt ist das nämlich bares (Spenden-) Geld wert. Und darum geht es nicht zuletzt auch.
Wieder einmal befindet sich die Falknerei also am Scheideweg. Gleich wie vor 30 Jahren, als man unberechtigterweise den Rückgang des Wanderfalken zum Anlaß nahm, ein Falknereiverbot zu fordern, steht die Zukunft der Falknerei wieder auf dem Prüfstand. Diesmal aus politischem Oppertunismus – um das eigene Klientel zu bedienen. Und doch braucht sich die Falknergemeinschaft nicht in Pessimismus zu üben. Nicht etwa, weil die SPD ein entsprechendes Ansinnen der GRÜNEN schon verhindern wird, damit ist eher nicht zu rechnen, da Bundeskanzler Schröder seinen Koalitionären in anderen Politikfeldern genügend zumutet, als daß er sie hier nicht in Ruhe schalten und walten lassen wird. Nein, weil einfach viel für den Erhalt des alten Kulturguts Falknerei spricht und weil viele Argumente der Gegnerschaft in Wahrheit leicht zu entkräftende Scheinargumente sind.
Falkner sind seit jeher nachhaltige Jäger. Seit dem Umweltgifel von Rio de Janeiro 1992 hat der Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“ weltweite Bedeutung erlangt. Alles und jeder, der die biologische Vielfalt nutzt, muß dies nachhaltig tun, d.h. ohne daß es zu einem langfristigen Rückgang der biologischen Vielfalt kommt. Durch die Ausübung der Beizjagd kann es weder kurzfristig noch langfristig zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt kommen! Eine nachhaltige Nutzung der Natur durch die Beizjagd ist damit gegeben. Mehr noch: unter modernen Gesichtspunkten betrachtet ist die Beizjagd eine besonders ökologische Jagdart. Sie ist selektiv, lautlos und rückstandsfrei und läßt niemals krankes oder verletztes Wild zurück. Sie ist ungefährlich für Mensch und Natur, auch an Orten, wo normalerweise die Jagd ruht, z.B. auf Friedhöfen, in städtischen Parkanlagen oder Industriegebieten. Da die Beizjagd natürlichen Abläufen folgt, stellt sie keinen unnatürlichen Eingriff in die Umwelt dar. Dadurch ist die Belastung des Beizwildes verglichen mit anderen Methoden der Jagd geringer.
Auch sind Falkner seit jeher profunde Greifvogelkenner und kompetente Greifvogelschützer. Die Erfolge der modernen Falknerei in Sachen weltweitem Greifvogelschutz sind unbestritten. Durch die Auswilderung von nahezu tausend gezüchteten Jungvögeln gelang eines der erfolgreichsten Naturschutzprojekte des 20. Jahrhunderts in Deutschland: die Rettung des DDT-bedingt vom Aussterben bedrohten Wanderfalken. Fast der gesamte Wanderfalkenbestand der neuen Bundesländer entstammt heute dem Auswilderungsprojekt des Deutschen Falkenorden. Andere Greifvogelschutzprojekte profitierten und profitieren ebenfalls von falknerischen Wissen: so beim heimischen Seeadler. Auch in Auffang- und Pflegestationen stehen Falkner im Dienst des Greifvogel- und Tierschutzes. Nur folgerichtig ist der Deutsche Falkenorden seit 1978 ein nach § 59 (vormals § 29) BNatSchG anerkannter Naturschutzverband.
Auch vor dem, was die Falknerei heute scheinbar am angreifbarsten macht, nämlich die Greifvogelhaltung in Menschenhand, braucht der Falknergemeinschaft nicht bange zu sein. Die Falknerei kann sich gelassen den kritischen Fragen eines sachlichen Tierschutzes stellen; indes vor den ideologisch verbrämten Meinungsmachern des Tierschutzes ist man nie gefeit. Nach dem zur Beurteilung der Tierschutzrelevanz allgemein anerkannten Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungskonzept finden sich keine Anhaltshaltspunkte für eine Tierschutzrelevanz der Greifvogelhaltung. Tatsächlich sind die möglichen Eingriffe in das Wohlbefinden der Beizvögel, auch bei vorübergehender Anbindehaltung, in der modernen Falknerpraxis gering. In Relation gesetzt zu den Unwägbarkeiten des Lebens in der Natur, hat der in Menschenhand gehaltene Greifvogel ein weit bequemeres, sichereres und längeres Leben als der gleichartige Wildvogel.
Zusammengefaßt gibt es also keinen moralischen oder sachlichen Grund für ein Verbot der Beizjagd oder der falknerischen Greifvogelhaltung. Mit Urteil vom 5.11.1980 hat das Bundesverfassungsgericht die Beizjagd als eine Erscheinungsform des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Grundgesetz) anerkannt. Ein Verbot käme damit einer willkürlichen Beschneidung der Bürgerrechte gleich, zumal auch der Bundesrat 1985 die Absicht aussprach, die Beizjagd als althergebrachte Jagdart unter Berücksichtigung des Artenschutzes aufrechterhalten zu wollen und die Bundesregierung noch im Juli 2002 die Haltung von Falken und Greifen bei Privatpersonen als hinreichend gesetzlich geregelt bezeichnete.
Wenn es trotz alledem keinen Anlaß gibt, in Euphorie zu verfallen, dann deshalb, weil sich die Politik heute wenig um wissenschaftliche Erkenntnisse und Sachargumente schert. Unsere berechtigten Einwände gegen ein Verbot der Falknerei sind zwar gewichtig, da Wählerstimmen aber bekanntlich nicht gewogen, sondern gezählt werden, sind auch die Scheinargumente der Millionen Wählerstimmen vertretenden Naturschutzlobby nicht zu unterschätzen.
Und noch etwas wird der Falknerei mit Sicherheit auch in Zukunft das Überleben erschweren: Die wenigen Unverbesserlichen, die noch heute meinen, mit ausgehorsteten Greifvögeln und illegalem Handel ihre „Zuchterfolge“ verbessern zu müssen. Welches verheerende Echo dies in der Öffentlichkeit mit sich bringt, zeigt der jüngste Fall aus Solingen nur zu deutlich. Und nicht zu vergessen die Hybridfalkenzüchter, die egoistisch nur an sich und ihren Geldbeutel denken und damit das Wohl der Falknergemeinschaft insgesamt aufs Spiel setzen. Tatsächlich sind illegale Aushorstung und Faunenverfälschung (durch Hybridfalken) die einzigen wirklichen Sachargumente, die Naturschützer gegen die Falknerei vorbringen können. Es ist daher höchste Zeit, daß sich die Falknergemeinschaft von diesen unsäglichen Mitläufern befreit. Verantwortungsbewußte Falkner befolgen alle geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze rund um Natur und Jagd und auch halten, fliegen und züchten verantwortungsbewußte Falkner keine Hybriden! Wer anderes behauptet, wer anderes tut, hat die Zeichen der Zeit verkannt! | | Datum der Veröffentlichung: 8. Februar 2003 | | | |
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